DEN-Mitgliederumfrage zur Situation in den Büros unter Corona-Bedingungen und Praxis der Bundesförderprogramme
Es ist insgesamt zu kompliziert…
Ergebnisse der 2. DEN-Mitgliederumfrage zur aktuellen Lage im Zeitraum vom 06.-16.11.2020
Vom 06. bis 16. November 2020 hat das DEN alle Mitglieder zum zweiten Mal in diesem Jahr zur aktuellen Lage vor Ort in den bundesweiten Energieberatungsbüros befragt. Zunächst möchten wir uns für die Beteiligung an unserer Umfrage bedanken! 141 Mitglieder haben Ihre Chance genutzt und uns Ihre Situation geschildert und an der Befragung teilgenommen. Einzelne Nicht-Mitglieder haben ebenfalls teilgenommen. Wir freuen uns außerordentlich, über die Zufriedenheit mit dem DEN allgemein:
Unsere regelmäßigen Umfragen helfen uns als Netzwerk der unabhängigen Energieberater/innen unsere Praxisanforderungen an Gesetze, Verordnungen und Förderprogramme einzubringen und umzusetzen. Wir sind vor Ort und wissen was unsere Auftraggeber brauchen und wollen. Nur wir können unsere eigenen Arbeitsbedingungen verbessern, wenn wir regelmäßig bestehende Regelungen prüfen und auswerten sowie diese Ergebnisse weitertragen. Beispielsweise durch eine regelmäßige Teilnahme im Beirat der Bundesstelle für Energieeffizienz beim BAFA oder in den Arbeitsgruppen der Gebäudeplattform im BMWi. Wir nehmen die Ergebnisse und die daraus entstehenden Konsequenzen ernst und setzen diese, soweit es die Netzwerkarbeit zulässt, Schritt für Schritt um und binden dieses Wissen in unsere weitere politische Arbeit ein. Ziel ist es auch weiterhin, die Interessen aller Mitglieder zu berücksichtigen und vertreten zu können.
57% der befragten Mitglieder geben an im Einzelunternehmen tätig zu sein, 37% arbeiten mit 1-5 Mitarbeitern und 6% ab 5 Mitarbeiter oder größer. Aktuell sind 19% der Mitglieder von Quarantäne oder Selbstisolation aufgrund der aktuellen Corona-Pandemie betroffen. Weiterhin wurden verschiedene Maßnahmen ergriffen, wie beispielsweise für 51% der befragten die Absage von Veranstaltungen und Reisetätigkeiten und 25% arbeiten im Home Office. Auch Baustellenbegehungen und Vor-Ort-Termine wurden abgesagt oder nur mit Mund-Nasen-Schutz und ausreichend Abstand durchgeführt. In der Praxis geben 53% an, die Situation auf den Baustellen sei unverändert, 38% empfinden, dass es langsamer voran geht. Nur wenige Büros sind von Kurzarbeit betroffen oder Erwägen die Einführung von Kurzarbeit für das Energieberatungsbüro. Im Vergleich zur Umfrage aus dem April 2020 sprechen sich sogar 94% gegen die Kurzarbeit aus, das ist eine Steigerung um 10%.
18% der befragen Energieberater/innen haben Mittel des Landes zur Corona-Soforthilfe beantragt. Auch zu Beginn der Pandemie wird dies schon deutlich. Ursache dafür sind vor allem Zahlungsverzögerungen bei Auftraggeber oder Fördermittelanträgen, die direkt Energieberater/innen adressieren.
Die Corona-Krise stellt uns vor eine neue Herausforderung. 63% schätzen ihre eigene Leistungsfähigkeit bzw. Belastbarkeit als unverändert ein. 28% empfinden sich als weniger belastbar und nur 4% deutlich weniger belastbar. Besondere Herausforderungen bestehen für die Energieberaterinnen und Energieberater des DEN in den verstärkten Anfragen, Mehraufwand und komplexe Anforderungen in der Praxis. Insgesamt ist die Belastung in den Büros gestiegen.
Was wünschen sich die Beratenden? Wir haben gefragt, welche gesetzlichen Maßnahmen würden Ihnen bei den Herausforderungen – veranlasst durch die Corona Pandemie – helfen?
Wichtig für die Energieberaterinnen und Energieberater in Deutschland ist die aktuelle Auftragslage. Aus der Umfrage ergibt sich das folgende Bild der Auftragslage in den Energieberatungs-Büros der DEN-Mitglieder. Es wird deutlich, dass weiterhin die Mehrzahl der Mitglieder mit einer guten Auftragslage rechnen. Dies wurde bereits in der ersten Mitgliederumfrage zu Beginn der Corona-Pandemie gefragt und spiegelte ein ähnliches Bild wider. Über die Hälfte der Befragten geben an, weiterhin Angebote und Aufträge zu vergeben. 18% vermerken zurzeit sogar eine Zunahme und haben mehr Aufträge als vor der Corona-Pandemie. Lediglich 4% geben an, dass die Aufträge drastisch zurückgegangen sind.
Im Vergleich zur Umfrage im April 2020 hat sich die Auslastung der Büros verdoppelt, viele Büros sind 6 Monate oder länger ausgelastet. Das bedeutet auch, dass wir uns Kapazitätsengpässen dramatischerweise nähern.
Während zu Beginn der Corona-Pandemie die Auftragslage noch ausgeglichen war und jeweils 1/3 der Befragten angab Aufträge zu haben wie bisher, weniger oder ein Rückgang zu verzeichnen sei, ist die Lage im November 2020 mit 55% Auftragslage wie bisher und sogar 18% mehr Aufträge als vor der Pandemie deutlich besser in den Büros.
Eine Übersicht über die durchgeführten Projekte 2020 der Mitglieder kann über die EFH Stufen der Projekte dargestellt werden. Besonders häufig wurden hier Einfamilienhäuser 70 (62%) und Einzelmaßnahmen zur Gebäudehülle (64%) genannt. Sanierungsprojekte und EFH (Effizienzhaus 70 genannt), aber auch die Förderstufe EFH 115 ist noch immer von Bedeutung, insbesondere im MFH Bereich.
Im Januar 2020 wurden durch den Bund viele Förderprogramme im Gebäudebereich deutlich verbessert. Wir verweisen hier unter anderem auf das Gebäudeprogramm (KfW), MAP (BAFA), Vor Ort Beratung Wohngebäude und die steuerliche Förderung. Hat dadurch die Nachfrage nach Energieberaterleistungen zugenommen? Besonders deutlich ist die Zunahme für die EBS Programme bei der KFW zu sehen, aber auch die Nachfrage im Hinblick auf Marktanreizprogramm und Vor Ort Energieberatung des BAFA sind mit über 50% gestiegen. Wir haben gefragt: Inwieweit hat durch Änderung der Förderprogramme 2020 die Nachfrage nach Energieberaterleistungen zugenommen?
Schwerpunkt der Umfrage ist auch die praktische Anwendbarkeit der Förderungen und Unterstützungen für die Energieberaterbranche. Die befragten Mitglieder geben beispielsweise an, dass die öffentlichen Auftraggeber in 27% der Fälle aufgrund der aktuellen Lage zurückhaltender reagieren. Die Förderprogramme des Bundes werden über verschiedene Institutionen umgesetzt. Die Mitglieder sind mit 73% am häufigsten im Bereich der KfW-Gebäudeförderung tätig, im KfW-Industriebereich sind es lediglich 8%. 29% der Befragten führen BAFA-Förderungen (24% Bereich Wohngebäude, 3% Bereich Kommunen) und 11% führen Checks für die Verbraucherzentrale durch.
Hier finden Sie die Förderprogramme, die von den Beraterinnen und Beratern umgesetzt werden.
Über 60% der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an unserer Umfrage haben sehr detaillierte Hinweise auf die Frage notiert was verbessert werde müsse, um die Umsetzung der Förderprogramme zu erleichtern. Insgesamt wird deutlich: „es ist insgesamt zu kompliziert“. 30% der Rückmeldungen betreffen die telefonische Erreichbarkeit beim BAFA und wünschen eine Berater-Hotline und direkte Kontaktmöglichkeit zu Fachabteilungen bei BAFA und KfW. Die Kommunikation soll insgesamt verbessert werden. Dies bezieht sich auf die Begründungen bei Ablehnungen, Kontaktmöglichkeiten und bei fehlenden Unterlagen. Zusätzlich wird genannt, dass sich die Reaktionszeit auf Anfragen deutlich verkürzen sollte, hier wird insbesondere das BAFA genannt. Eine Verbindlichkeit von Aussagen der Mitarbeiter/innen von BAFA und KfW in Einzelfallanfragen zur Auslegung der Förderbedingungen wird gefordert. Insbesondere verbessert ein geschultes Personal die Qualität der Aussagen bei der Hotline, sodass rechtsverbindliche Aussagen getroffen werden können.
Weiterhin wird ein Wunsch der Befragten nach Nachschlagewerken wie der Archivierung von Dokumenten mit Suchfunktion und Bereitstellung von Arbeitshilfen wie Abrechnungsmuster BAFA), Kumulierungshilfen oder andere deutlich. In den vorher genannten Programmen ist mehrheitlich ein Vorhabensbeginn nach Antragseingang möglich auch wenn noch keine Zusage erfolgt ist. Der Beginn erfolgt auf eigenes Risiko. Machen Sie oder Ihre Auftraggeber davon Gebrauch?
44% schätzen das Risiko der Haftbarkeit als gering ein. Im Gegensatz dazu 5% der Befragten als hoch und 4% sogar als sehr hoch. Viele verzichten auch auf dieses Vorgehen und beginnen erst mit den Maßnahmen, wenn die Zusage vorliegt (28%). Wie hoch schätzen Sie das Risiko ein, bei vorzeitigem Beginn für Vermögensschäden der Auftraggeber haften zu müssen? Die folgende Grafik verdeutlicht dies.
Zusätzlich zu den Richtlinien der Förderprogramme gibt es weitere Festlegungen und Hilfestellungen in Merkblätter, FAQ, Hotline, Infocenter oder Fachreferate. In der nächsten Grafik werden die aufgeführten Hilfen hinsichtlich ihrer Praxistauglichkeit bewertet (1 sehr gut – 6 schlecht). Besonders gut sind hierbei KfW-Merkblätter, KfW förderfähige Maßnahmen und Kosten und die KfW technischen FAQ bewertet.
In den Förderprogrammen ist auch eine Beauftragung von Dritten (z.B. Energieberatern) für die Fördermittelanträge zulässig. 31% bieten diesen Service immer an, 33% übernehmen dies für ihre Kunden in Ausnahmefällen und 31% sehen von dieser Serviceleitung bei der Förderbeantragung ab.
Es stellt sich die Frage wo Bedarf besteht, Informationen zu Förderungen für die Energieberaterinnen und Energieberater zur Verfügung zu stellen. Die nächste Grafik zeigt welche Serviceleistungen die Praxis in der Förderprogrammumsetzung erleichtern:
Die Mehrheit der Befragten gibt an innerhalb von 48 Stunden eine verbindliche Antwort auf Einzelfall-Nachfragen zu den Förderprogrammen zu erwarten (60%). 14% erwarten die Antwort am selben Werktag, selbst für die Energieberaterbüros sehr ambitioniert und 23% innerhalb von 5 Werktagen.
Informationen erhalten die Experten von den unterschiedlichsten Quellen. Gerade im Hinblick auf die Änderungen von Förderbedingungen sind schnelle Kommunikationswege wichtig. Bisher gibt es verschiedene Informationsmöglichkeiten zu den Änderungen der Bundesförderprogramme. Welche Medien werden von den Beratenden genutzt, um über Änderungen und aktuelle Entwicklungen informiert zu werden und welche Kommunikationswege sind in der Praxis wichtig und werden genutzt. Wir fragten, wie informieren sich die Experten neben den offiziellen Bekanntmachungen?
Wir freuen uns natürlich, dass der DEN-Newsletter überdurchschnittlich als sehr gut bewertet ist. Insbesondere Ergänzungen und Links zu Arbeitshilfen und die Multiplikatoren-Funktion werden positiv herausgestellt. Aber auch der Infoletter der Energieeffizienz-Expertenliste, der unter anderem die Änderungen der Förderprogramme thematisiert ist sehr hilfreich. Nur 2% der Befragten geben den Informationen von BAFA oder KfW eine schlechte Bewertung. Allerdings bemängelt die Mehrheit der Mitglieder die Komplexität auf der Homepage und zu den Förderrandbedingungen. Weiterhin führt eine kurzfristige Bekanntgabe von Änderungen (Richtlinien) in den Förderprogrammen häufig zu Akzeptanzproblemen und zu ineffizienten Prozessen bei allen Beteiligten. Hierbei wird explizit die aktuelle Situation mit unzureichenden Information zum Inkrafttreten der BEG genannt, dies führt insgesamt zu Verunsicherung am Markt.
Es hat uns sehr gefreut, dass zu den vorgenannten Fragen nicht nur die Auswahlmöglichkeiten genutzt wurden, sondern wir von über 2/3 der Teilnehmenden sehr ausführliche und konstruktive Hinweise bekommen haben. Einige davon konnten wir schon mit den entsprechenden Förderinstitutionen diskutieren. Weiterhin geben 60% der Befragten an, dass sie sich zukünftig wünschen über einen Newsletter der jeweiligen Förderinstitution über Programmänderungen informiert zu werden. Zeitnahe und konkrete Informationen sind hierbei für die Praxis besonders wichtig. 54% der Befragten wünschen sich ebenfalls einen zentralen Informationsdienst, der die Kommunikation zwischen Fördermittelgeber und Energieberaterinnen und -berater übernehmen kann.
Aus der Praxis geben die Mitglieder verschiedene Wünsche an, was verbessert werden kann um die Umsetzung der Förderprogramme zu erleichtern.
Mehrfach wird der Wunsch nach einer eigenen Berater-Hotline beim BAFA für die in der Energieberatung tätigen Beraterinnen und Berater genannt. Schnelle Antworten bei konkreten Fragen und Problemen in der Antragsstellung oder Förderung von Projekten erleichtert die Arbeitspraxis und kann eine qualitativ hochwertige Energieberatung gewährleisten. Weitere Vorschläge sind beispielsweise die Entwicklung von weniger umfangreichen und verständlichen Merkblättern für die Kunden und auch eine bessere Bewerbung der Programme in der Öffentlichkeit um den Bekanntheitsgrad bei Endkunden zu steigern. Bei Ablehnung von KfW-Anträgen wird sich beispielsweise eine ausführliche Begründung im Ablehnungsschreiben gewünscht sowie die Aktualisierung der TFAQ. Insgesamt fordern die befragten Mitglieder Transparenz in den Förderprogrammen für alle Beteiligten wie Energieberater/innen, Bauherren, Banken, Behörden und Techniker/Handwerker. Auch die Kommunikation über die verschiedenen Kanäle erschwert den Informationsverlauf für die Beratenden, ggf. können Schulungen zu dem Gesamtverlauf des Förderzyklus hilfreich sein.
Wie schätzen Beratende die zukünftige Situation in der Energiebranche ein? Ab Januar 2021 wird in Deutschland der CO2-Preis eingeführt. Welche Auswirkungen hat das bereits jetzt auf Ihre Arbeit?
In der neuen BEG sollen Nachhaltigkeitszertifikate für Gebäude stärker gefördert werden. Das DEN setzt sich zusammen mit anderen Akteuren für eine Berücksichtigung des Lebenszyklus von Gebäuden ein und arbeitet aktiv an der Vereinfachung und Entwicklung von Bewertungssystemen mit. Die Mehrzahl der Befragten gibt an, dass dieses Thema noch nicht für Kunden relevant sei, in Zukunft aber erwartet wird. Die Energieberater/innen schätzen es hingegen als sehr wichtiges Thema ein. Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Qualitätsmerkmalen sind Schwerpunkte der Auftraggeber.
Inwiefern spielen digitale Medien eine Rolle für die Energieberatungsbüros und welche Maßnahmen zur Digitalisierung wurden von jedem Einzelnen umgesetzt um den Kundenkontakt, aber auch Weiterbildungen und Konferenzen weiterhin zu ermöglichen? 67% der befragten Berater/innen geben an ihre Beratungen bereits auf digitale Konferenzen umgestellt zu haben. Insgesamt kann sich die Mehrheit auch vorstellen, dass diese Möglichkeiten nach der Corona-Krise beibehalten werden können, um z.B. Kosten zu minimieren. 33% hingegen sehen keine Einsatzmöglichkeiten von digitalen Medien für die Energieberatungspraxis nach der Pandemie. Trotz der aktuellen Situation gibt die Mehrheit an, nicht mehr Zeit zu haben um Weiterbildungen, wie Onlineseminare und Videokonferenzen, in Anspruch zu nehmen (59%).
Abschließend möchten wir festhalten, dass insgesamt ein großes Bedürfnis nach detaillierten Informationen, bestimmt durch hohe Qualitätsanforderungen der Expertinnen und Experten an eigene Beratungsqualität gegenüber den Kunden, besteht. Wir bemerken eine überdurchschnittliche Bereitschaft zu qualifizierten Verbesserungsvorschlägen durch langjährige Berufserfahrung in der Umsetzung der Förderprogramme. Die pauschale Fundamentalkritik an Förderinstitutionen beschränkt sich auf wenige Einzelfälle und die Mehrheit der Experten ist sich der Komplexität der Förderung (Klimaziele, Haushaltsordnung, Ordnungsrecht) bewusst. Die Förderprogramme erfahren eine hohe Bedeutung als Konjunktur- und Klimaschutzmaßnahmen, nach wie vor besteht auf Seiten der Beratenden eine hohe Motivation Förderprogramme gezielt umzusetzen und damit einen wichtigen Beitrag für die Erreichung der Klimaziele zu leisten. Deutlich wird die nach wie vor große Begeisterung für die Energieberatung und praktische Umsetzung bei unseren Mitgliedern.