Kurze Stellungnahme zum GEG aus der Sicht der Energieberatung
Offenbach, 13.07.2020
Das GEG ist ein Lehrbeispiel dafür, dass Politik keine konsistenten Entscheidungen treffen kann. Die Koalition hat sich, ganz demokratisch, an ihre Koalitionsvereinbarung gehalten und umgesetzt was vereinbart wurde. Keine Verschärfungen im Gebäudebestand, keine wesentlichen Herausforderungen im Neubau. Trotz des im Grunde sehr soliden Vorgehens, hat die Politik es verpasst die Dynamik der Klimabewegung aufzunehmen und eine mutige Entscheidung zu treffen für einen zukunftsfähigen Gebäudebestand.
Gebäude verursachen nicht nur 30% der klimarelevanten Treibhausgasemissionen, sondern auch einen erheblichen Teil der privaten (und über die kommunalen Haushalte durch Transferleistungen zu kompensierenden) Lebenshaltungskosten. Zusätzlich ist Bauen und Sanieren ein erheblicher Wirtschaftsfaktor, mit einer starken lokalen Wertschöpfung, aber auch einer mit einem erheblichen Ressourcenverbrauch. Während beim Auto Fahrverbote, wegen Herstellerbetrug, möglich sind, wird beim Gebäudebestand wesentlich stärker auf Eigeninitiative gesetzt.
Trotz der Differenzen zwischen Klimaschutzanforderungen und Eigentümerinteressen, ist es den zuständigen Resorts (vor allem im BMWi und BMI) gelungen (nicht zuletzt indem sie vor 12 Monaten einen unabgestimmten Ressortentwurf in die Verbändeanhörung gegeben haben) dieses Gesetz auf den Weg und durch den Bundestag zu bringen. Das war harte Arbeit für alle Beteiligten.
Fazit:
- Gut das endlich seit 5 Jahren überholte Normen nicht mehr Bilanzierungsgrundlage im Ordnungsrecht sind.
- Bei der Ausstellungsberechtigung von Energieausweisen in NWG wurde endlich unsere langjährige Forderung auch Menschen ohne akademische Grundausbildung, aber mit Praxiserfahrung und gleichwertiger Qualifikation zu zulassen umgesetzt.
- Sanierungsfahrpläne werden einen entscheidenden Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten müssen. Die Umsetzung durch kostenfreie (eigentlich aber honorarpflichtige Beratungsleistungen) ist nicht optimal. Hier wird es entscheidend auf die Ausgestaltung der Umsetzung und es Vollzuges ankommen.
Das Deutsche Energieberater-Netzwerk hat bereits vor einem Jahr einen 5 Punkte Plan für ein GEG vorgeschlagen. Die vollständige Stellungnahme hierzu finden Sie hier. Die Anforderungen der bisherigen EnEV und des bisherigen EEWärmeG sollten in folgenden Anforderungen zusammengefasst werden:
- Begrenzung des mittleren U-Wertes als Anforderungswert an die Gebäudehülle und Begrenzung des Fensterflächenanteils ( keine Glashäuser, die ohne passiven Sonnenschutz mittels Simulation schön gerechnet werden ) (um in klimatischer Hinsicht zukunftsfähige Gebäude zu bauen und dem sommerlichen Wärmeschutz gerecht zu werden)
- Anforderungswert für den maximalen Primärenergiebedarf unter Berücksichtigung des nichterneuerbaren und erneuerbaren Anteils als Maßstab für den Ressourceneinsatz(perspektivisch sind ggf. neue Kennwerte erforderlich, deren Entwicklung durch Forschungsprojekte untersucht werden muss)
- Mindestwert für die Deckung des Primärenergiebedarfs durch Erneuerbare Energien (ggf. Vorgaben für die Effizienz der Anlagentechnik)
- Einführung eines Maximalwertes für den CO2-Ausstoß als Maßstab für die Klimaverträglichkeit (ähnlich dem Schweizer Modell)perspektivisch ergänzt z.B. durch Mobilitätsfaktoren u.a.)
- Monitoring der Verbrauchsdaten zur Erfolgs-und Qualitätssicherung
Daran hat sich nichts geändert. Insbesondere die Aspekte der Wohnhygiene (sommerlicher Wärmeschutz, Raumluftqualität) haben sogar durch die Corona Krise an Bedeutung gewonnen.
Im Grunde setzt der Bund mit dem GEG die bisherige Strategie fort: Kein Zwang, sondern intensive Förderung von ambitionierten Standards. Hier vertrauen wir als DEN e.V. darauf, dass die Umsetzung der Förderstrategie für Gebäude (die ja auf das GEG Bezug nimmt) auch wirklich Impulse setzt und zu einer Steigerung von Sanierungszahlen und Qualität beiträgt und nicht nur zusätzliche Mitnahmeeffekte generiert.
Ganz praktisch hoffen wir vor allem darauf:
- dass es eine Möglichkeit gibt die über 10.000 Normenseiten die im GEG als Grundlage in Bezug genommen sind, barrierefrei (kostenfrei) zugänglich zu machen,
- die Softwarehersteller zeitnah alle Änderungen einpflegen können und die Kosten unserer Softwarelizenzen dafür nicht überproportional steigen,
- der Bund die Bedeutung der Qualifizierung erkennt und alle Planer, Bauherren und vor allem die Bauaufsichten mit zielgruppenadäquaten Weiterbildungshilfen unterstützt und
- kostenlose Energieberatung staatlich finanzierter Institutionen nicht zu einer Entwertung der hochqualifizierten Arbeit von Architekten, Ingenieuren und unabhängigen Energieberatern führt.
Im Grunde ist ein so kleinteiliges Gebäudeenergiegesetz entbehrlich. Klimaschutz zielt auf Erhalt unserer Lebensgrundlage und dessen Schutz ist im Grundgesetz verankert, es verdeutlicht also den Stellenwert des Gebäudebestandes für die Klimaziele, wenn die Politik dafür ein eigenes Gesetz erlässt.
Marita Klempnow, DEN-Vorstand